Ebbe Weiss-Weingart. Avantgardistin und Altmeisterin des Schmucks

Datum: 
Sonntag, 10. Oktober 2021 - 0:00 bis Sonntag, 15. Mai 2022 - 0:00
Ebbe Weiss-Weingart. Broschen. 2010-2014. Silber, Gold, Goldkoralle, Opal, Brillant.Foto: Uwe Dettmar


Ebbe Weiss-Weingart zählte über viele Jahrzehnte zu den wichtigen Goldschmiedinnen des Avantgarde-Schmucks im 20. Jahrhundert. Bis 2015 arbeitete die Goldschmiedemeisterin in ihrer Werkstatt in Salem am Bodensee. Mit ihrer teilweise ungewöhnlichen Formensprache und den skurril-figürlichen Schöpfungen, wusste die Künstlerin ein großes Publikum zu begeistern.

Als Gold noch Mangelware war, experimentierte die junge Künstlerin begeistert mit Messing, Holz, farbigen Glasflüssen, ebenso faszinierte sie die Technik des Emaillierens. Im Vordergrund ihres Schaffens stehen abstrakt-organische Formen, die Miteinbeziehung des Figürlichen spielt in allen Arbeitsphasen eine wichtige Rolle. In den 1960er und 1970er Jahren geht es der Künstlerin immer wieder um die Erforschung der Metalloberfläche, der meist in Gold gefertigte Schmuck, wird analog zur Bildenden Kunst von Schraffuren, Furchen, Faltungen, Ätzungen und Aufbrechungen geprägt. Verschmelzungen von Gold-Granalien, Experimente mit der Galvanotechnik und dem Flammspritzen stehen im Vordergrund. Die Künstlerin beschäftigt sich in den 1970er Jahren mit Acrylglas, das sie in großen Objekten wie auch im Schmuck verwendet. Halsschmuck und Broschen aus exotischen Materialien wie Straußeneischeiben und verkieseltes Palm- und Ebenholz, Landschaftsachat, Kreuzstein und Weißjurakalk werden mit gegossenen Gold-Applikationen und kleinen Edelsteinen ergänzt. Lapislazuli, Koralle aber auch Smaragd, Rubin, Brillant, Opal und Turmalin setzen farbige Akzente. Üppiger Hals- und Armschmuck mit Keshi- und Biwa Perlen wird mit aufwändig gegossenen Verschlüssen ergänzt. Zu Beginn der 1990er Jahre widmete sich Ebbe Weiss-Weingart der chinesischen Jade und bezieht sie in fantasievoller Weise in ihren
Schmuck ein.

Bereits in den frühen 1970er Jahren mit der Präsentation ihrer ersten Ausstellung im Goldschmiedehaus entwickelte sich zwischen der Künstlerin und Hanau eine enge, freundschaftliche Beziehung, die über viele Jahre von dem Amtsleiter Dr. Günter Rauch und dem damaligen Leiter des Goldschmiedehauses, Rudolf Schäffer, gepflegt wurde.

Ebbe Weiss-Weingart stiftete der Stadt Hanau 2006 eine repräsentative Auswahl von 239 Arbeiten aus den Jahren 1947 bis 1998, die in der Publikation „Sammlung Deutsches Goldschmiedehaus. Ebbe Weiss-Weingart 1947 – 1998“ dokumentiert wurden. Den Schwerpunkt dieser Schenkung bildete die ab 1990 entstandene Jadegruppe. In den nachfolgenden Jahren überließ die Künstlerin der Stadt Hanau weitere Arbeiten als Dauerleihgabe, die vor allem das Frühwerk dokumentieren und im Jahre 2014 als Schenkung an das Goldschmiedehaus übergingen. Im Laufe der Zeit kamen weitere Exponate aus allen Werkgruppen, vor allem auch Modelle und Entwürfe, als Dauerleihgabe in die Sammlung des Hauses und erlaubten eine immer weitere Erforschung des künstlerischen Schaffens. In der Publikation „Ebbe Weiss-Weingart – 70 Jahre Schmuck“ konnte diese Aufarbeitung im Jahre 2017 dokumentiert werden. Diese Ergänzungen sind nun nach dem Tode der Künstlerin im Jahre 2019 in diesem Jahr als Schenkung an die Stadt Hanau übergegangen. Das nun äußerst umfangreiche Konvolut wurde von vielen Dokumenten - Briefen, Urkunden, Fotos - zum Leben der Künstlerin und zahlreichen Entwurfszeichnungen ergänzt.