Familienschätze

Datum: 
Sonntag, 22. Oktober 2017 - 0:00 bis Sonntag, 28. Januar 2018 - 0:00
Foto: Uwe Dettmar


Einen Beitrag aus der Hessenschau zur Ausstellung können Sie hier sehen.

Das Deutsche Goldschmiedehaus Hanau nimmt sein 75-jähriges Jubiläum zum Anlass, 75 Schätze von Hanauer Familien und Institutionen zu präsentieren.

Dabei handelt es sich um Schätze der unterschiedlichsten Kategorien: Einen großen Anteil haben Kannen, Schalen, Dosen, Schatullen, Services, Kerzenleuchter, Besteck, Vasen oder Pokale, häufig aus Silber gefertigt. Daneben finden sich Schmuckstücke, mehrere Uhren, ein Bild, eine Querflöte, Tierplastiken oder auch ein Wanderbuch sowie ein Gebets- und Andachtsbuch. Der Familienschatz wird nicht nach seinem materiellen Wert bemessen, sondern die ganz persönliche Bedeutung der einzelnen Objekte für die Besitzerin oder den Besitzer steht im Vordergrund.

Viele der vorgestellten Exponate wurden über Generationen vererbt und erzählen eine ganz eigene Geschichte, die den heutigen Besitzerinnen und Besitzern häufig noch sehr präsent ist. Die Entstehungsgeschichte hat nicht selten einen engen Bezug zu Hanau, Hanauer (Silberwaren-) Firmen oder Künstler fertigten die Stücke an, manche trafen nach einer weiten Reise in Hanau ein.

Das Goldschmiedehaus hatte in den vergangenen Monaten Hanauer Familien und Institutionen kontaktiert, die ihre „Schatzkisten“ eigens für die Ausstellung geöffnet haben.

Eine über einhundert Jahre alte Schatulle mit Silberapplikationen ist aus einem besonderen Holz gefertigt, das von einer Römerbrücke stammte und somit seine ganz eigene Geschichte erzählt. Ein Metallkästchen des Hanauer Silberschmieds August Bock (1879-1968) ist mit Winterhilfswerk-Medaillons aus Elfenbein dekoriert, eine andere silberne Dose mit einer szenischen Darstellung hat ihren Platz seit Generationen auf dem Schreibtisch der Familie.

Beim Schmuck treffen wir auf mehrteilige Juwelenschmucksets, die zu besonderen Anlässen übergeben wurden, ein Bernsteinanhänger „Die Träne der Elektra“ aus dem Jahre 1908 war einst ein Abschiedsgeschenk. Einen besonderen Platz nehmen Erinnerungsstücke ein, die Geschenke zum Dienstjubiläum oder zum Geburtstag waren. Dazu zählen eine silberne Schreibzeug-Kassette im Stile des späten Jugendstils oder ein silberner Pokal, den man einst dem Gründer der Hanauer Firma Heraeus geschenkt hatte, beide Stücke fertigte die Hanauer Firma Schleissner an wie auch den Straußenei-Pokal, ein Geschenk für den damaligen Seniorchef der Firma Schleissner zum 70. Geburtstag. Die Silberschale mit Glaseinsatz, ein Hochzeitsgeschenk für den Begründer der Firma Neresheimer, stand immer mit Früchten gefüllt auf dem Tisch der Großeltern der heutigen Besitzerin. Auf einem Familienfoto mit gedeckter Festtafel sind die Tee- und Kaffeekanne mit Sahnegießer, Zuckerdose und dazugehörigem Tablett dokumentiert, die bis heute in Familienbesitz sind.

Ein mit „Frankfurter Glanzgold“ verziertes Mokka-Service steht für die technische Innovation der Degussa, der heutigen EVONIK Industries AG. Die Servierschale in Entenform kommt heute noch an Weihnachten für die Präsentation des Geflügels auf den Tisch, eine kleine Teekanne mit Stövchen gehört zu einer umfangreichen Puppenstubensammlung.

Von einer Vase der Läger-Keramik in Hanau ließ sich der Hanauer Maler August Peukert (1912-1986) zu einem Gemälde anregen. Das kleinste Objekt in der Ausstellung ist eine knapp zwei Zentimeter große ausgehöhlte Haselnuss, in der ein winziges, aus Elfenbein gefertigtes Kegelspiel aus dem Jahre 1830 Platz findet. Zum Thema Taufe trifft man auf eine Taufschale aus dem Jahre 1877 mit den eingravierten Namen der Täuflinge, eine witzige Spardose, ein Taufbecher und sogenannte Paten- oder Tauflöffel im Stil der Renaissance. Manche Besteckteile kommen nur zu besonderen Familienanlässen auf die Tafel, das einfache Buttermesser benutzt man seit Jahrzehnten täglich. Natürlich spielt beim Besteck die Hanauer Rose eine Rolle, gefertigt von unterschiedlichen Hanauer Herstellern. Ein Chronometer in Gold wird seit Generationen vererbt, eine goldene Taschenuhr mit passendem Ständer aus Feineisenguss schenkte einst das Firmenpersonal seinem Chef zum Firmenjubiläum. Die ganz schlichte Armbanduhr erzählt uns, dass sie im Zweiten Weltkrieg zur Lebensretterin wurde, das Gebets- und Andachtsbuch sowie ein Kreuzanhänger waren für die Frauen einer Familie Ausdruck ihrer tiefen Marienverehrung, die über Generationen anhielt.  

Die kleinen Sammlerstücke „Tapir“ und „Storch“ des Hanauer Künstlers August Gaul (1869-1921) werden heute noch hochgeschätzt und sind eine schöne Bereicherung für die Ausstellung. Die Querflöte aus Holz animierte einst den Schuljungen zum Erlernen des Flötenspiels, sie wird bis heute in Ehren gehalten. Die Kaiserliche Marine Feldbinde mit Schließe, die die Großmutter der heutigen Eigentümerin von ihrem Mann geschenkt bekommen hatte, ruhte über Jahrzehnte in einer Schachtel, anlässlich der Ausstellung bekommt diese Feldbinde wieder Bedeutung. Ein erhaltenes Foto zeigt die Großmutter in jungen Jahren mit dem getragenen "Gürtel". Ganz pragmatische Dinge wie die Falschgeld-Münzwaage der Sparkasse Hanau gehören ebenso zum Repertoire wie ein silberner Schirmgriff, der schon im Müll gelandet war oder auch eine metallene Geldkassette, die für die spärlichen Einnahmen durch Gemüseverkauf während des Krieges gute Dienste leistete, eines Tages entwendet wurde und irgendwann im Fußballstadion von Frankfurt wiederauftauchte – eine Geschichte, wie sie das Leben schreibt.