
Nubischer Silberschmuck – Kontext und Einflüsse.
Die Topographie, das Klima und der allgemeine Charakter der Landschaft (Niltal, Wüste und Berge) Nubiens sind konfrontativ und herausfordernd. Durch die Manipulation von Form, Textur, Muster und Farbe haben unzählige Generationen von Kunsthandwerkern zur Entwicklung einer breiten Palette unverwechselbarer Kunstgegenstände beigetragen – sie sind eine visuelle Metapher für den Glauben, die Bräuche und den Alltag des nubischen Volkes.
Die Affinität zu Symmetrie und Ausgewogenheit sowohl in der Architektur als auch im Schmuck manifestiert sich in der Verwendung hauptsächlich geometrischer Formen, die als Gestaltungs- und Konstruktionseinheit in der Schmuckherstellung Verwendung findet. Insbesondere Kreise, Quadrate und Dreiecke sind prägnante dekorative Elemente bei der Schmuckgestaltung.
Traditioneller Schmuck kommt in Nubien und der Region in den unterschiedlichsten Formen vor:
Es gibt Fingerringe, Armreifen- und -bänder für das Handgelenk und für den Oberarm, Ohr- und Nasenringe, Fußreifen und –ketten wie auch Halsketten, an denen oft Silberscheiben hängen. Eingravierte Koranverse versprechen ebenso eine schützende Wirkung wie Zahlenreihen in Form des sog. magischen Quadrats. Die meist in ungerader Zahl an vielen Amuletten angebrachten Schellen und Plättchen schützen durch das Geräusch bei Bewegungen vor bösen Geistern.
Die hier in der Ausstellung gezeigten Schmuckstücke wurden meist bei Hochzeiten von der Familie an die Braut weitergegeben.
Mit dem Verlust großer Teile der Kulturlandschaft Nubiens durch den Bau des Assuan Hoch Damm und den Umsiedlungen in Ägypten und dem Sudan ist die Wertschätzung des traditionellen Schmucks bei den jungen Nubierinnen nicht mehr vorhanden und man kauft neuen Schmuck nach modischen Aspekten, der meist auch sehr viel billiger ist.
Die in der Ausstellung gezeigten Schmuckobjekte sind historische Belegstücke einer langen Tradition von Formen und Schmuckelementen der nubischen Kultur, die heute leider weitestgehend verloren gegangen ist. Die meisten der ausgestellten Stücke wurden vor den Schmelzöfen Kairos gerettet und waren nie Gegenstand einer wissenschaftlichen Sammlung.
Über die deutsche Botschaft in Karthum wurde der Kontakt zur sudanesischen Antikenverwaltung hergestellt und mit der Fertigstellung des geplanten nubischen Museums in Wadi Halfa sollen wesentliche Teile der Sammlung an das neue Museum übergeben werden.
Wolfgang Mayer